Die öffentliche Meinung wechselt schnell in diesen Zeiten. Erinnert Ihr Euch noch an die Stimmung vor gerade einmal einem Monat? Nach dem langen Lockdown-Winter waren die Infektionszahlen zurückgegangen – nicht weit genug, aber immerhin. In der öffentlichen Diskussion schien es nur noch darum zu gehen, warum Lockerungen nicht längst erfolgt seien und wie weit sie gehen sollten. Dass sich die Mutationen weiter verbreiteten und wir am Vorabend der dritten Welle standen, spielte kaum eine Rolle.
Einen Monat später bietet sich ein komplett anderes Bild. Hinter uns liegen Wochen stetig steigender Infektionszahlen und der Eindruck, die Politik würde kein gutes Rezept dagegen finden, ist weit verbreitet. Dazu kommen dann düstere Warnungen der Bundeskanzlerin und prompt kehrt sich das Bild um: Viele Menschen glauben inzwischen, es ginge nicht mehr ohne einen „richtigen“ Lockdown, was auch immer das heißen mag. Andererseits liegt hinter uns eine Woche, in der die Steigerungen von Tag zu Tag geringer ausgefallen sind oder sogar rückläufig waren.
Um nicht missverstanden zu werden: Das ist keine Entwarnung. Zum einen sind die Werte insgesamt dafür deutlich zu hoch, zum anderen gibt es sicher einen Oster-Effekt. Während der Festtage haben viele Arztpraxen geschlossen und Testlabore ihre Arbeit eingeschränkt. Erst Mitte der nächsten Woche dürfte dieser Effekt ausgeglichen sein. In Niedersachsen hat diese erfreuliche Tendenz allerdings schon deutlich vor den Festtagen begonnen.
Könnte es also sein, dass die ergriffenen Maßnahmen durchaus Wirkung haben und vor allem viele Menschen darauf hin noch einmal ihr persönliches Verhalten überprüft haben? Könnte es sein, dass die vieldiskutierte „Notbremse“ von Bund und Ländern um einiges besser ist als ihr Ruf? Große Teile des öffentlichen Lebens sind mindestens stark eingeschränkt und dazu kommen zum Beispiel Ausgangsbeschränkungen und Ansammlungsverbote, so ist zumindest die Situation in großen Teilen Niedersachsens. Wir werden es in den nächsten Wochen sehen, aber mir persönlich ist eine stetige, problembewusste Vorgehensweise gegen die Pandemie um einiges lieber als Kehrtwenden.
Deswegen ist es auch kein Widerspruch, wenn jetzt in vierzehn niedersächsischen Städten Modellvorhaben starten, mit denen Öffnungen auf der Basis von negativen Tests der Besucherinnen und Besucher erprobt werden. Wir müssen es schaffen, Sicherungssysteme aufzubauen, die das Virus in Schach halten. Etwas Ähnliches passiert an den Schulen, wo nach den Osterferien Präsenzunterricht nur auf der Basis von zwei Tests wöchentlich stattfinden wird und auch das nur, wenn die Infektionslage vor Ort es zulässt.
Was wir brauchen in dieser Übergangszeit bis zum Sommer, sind Wege zwischen Lockdown und Lockerungen. Wir bewegen uns auf dünnem Eis und müssen sehr vorsichtig bleiben. Aber wiir sind auch den Mutationen eben nicht schutzlos ausgeliefert. Und in der Zwischenzeit wächst die Zahl der geimpften Menschen von Tag zu Tag.
Ich wünsche Euch eine gute Woche.