Ein langer und harter Wahlkampf steuert auf sein Ende zu und so spannend war es schon lange nicht mehr: Am Sonntag werden bei den Bundestagswahlen die Weichen für die nächsten Jahre gestellt und am Ende spitzt es sich auf eine einzige Frage zu: Wer soll künftig im Kanzleramt regieren? Natürlich geht es auch um die Richtung der deutschen Politik und viele wichtige Themen, aber zur Umsetzung kommt es nun einmal in fast allen Fällen darauf an, wer Bundeskanzler ist oder Bundeskanzlerin.
Als der Wahlkampf angefangen hat, lag Olaf Scholz in den Umfragen hinten und die Entscheidung schien zwischen Annalena Baerbock und Armin Laschet zu fallen. Das hat sich inzwischen gründlich geändert, eine breite Mehrheit der Bevölkerung wünscht sich Olaf Scholz im Kanzleramt. An einen solchen Wechsel in wenigen Wochen kann ich mich nicht erinnern, seitdem ich mich für Politik interessiere. Wie lässt sich das erklären?
Für mich gibt es zwei Gründe: Zum einen war dieser Wahlkampf ein knallhartes Kandidaten-Casting. Woche für Woche wurden Baerbock, Laschet und Scholz buchstäblich unter die Lupe genommen, wurden sie auf Stärken und Schwächen abgeklopft. Zunächst Annalena Baerbock und dann Armin Laschet haben diesen Test nicht bestanden, eine große Mehrheit der Bevölkerung kann und will sich beide nicht im Kanzleramt vorstellen. Und bei Olaf Scholz war es genau umgekehrt – inzwischen wünscht sich eine deutliche Mehrheit einen Bundeskanzler Scholz.
Ausgerechnet im Wahlkampf ist klar geworden, warum Olaf Scholz das Format für dieses Amt hat. „Sicherheit im Wandel“ lautete ein Slogan der SPD im Bundestagswahlkampf 1998 und dieser Anspruch ist aktueller denn je. Den Wandel wird niemand leugnen können, alleine der Klimaschutz zwingt uns zu einem Umbau wichtiger Teile des gesellschaftlichen Lebens. Um so wichtiger ist es dann, dass die politische Führung den berechtigten Eindruck vermittelt, diese Herkulesaufgabe entschlossen, aber auch ausgewogen und ruhig anzugehen. Genau das ist Olaf Scholz gelungen und hat ihn bei den Bürgerinnen und Bürgern zum Favoriten für das Amt des Bundeskanzlers gemacht.
Aber das ist es nicht alleine. Heimlich, still und leise hat sich nämlich noch etwas anderes geändert, nämlich die Prioritäten aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger. Noch am Anfang des Wahlkampfs hätte man meinen können, die allerwichtigsten Themen wären etwa Klimaschutz oder die Corona-Politik. Beides sind natürlich auch jetzt noch wichtige Bereiche der Politik an, aber an die Spitze der Themen in den Umfragen hat sich unverhofft eine alte Bekannte geschoben – die Frage nach der sozialen Gerechtigkeit.
Allem Wohlstand in unserer Gesellschaft zum Trotz gibt es da drängende Probleme, die Millionen von Menschen im Kern berühren: die Arbeitsbedingungen, die Suche nach bezahlbarem Wohnraum, die Versorgung im Alter, die Situation in der Pflege und vieles mehr. Das sind allesamt Fragen, die weder in den Schlagzeilen noch in den Talkshows auftauchen, aber um so mehr in den Gedanken unzähliger Bürgerinnen und Bürger. Und es sind Themen, bei denen die Leute der SPD etwas zutrauen und auch ihrem Kanzlerkandidaten. Eines wird nämlich gelegentlich vergessen – der thematische Schwerpunkt von Olaf Scholz war über eine sehr lange Zeit die Arbeits- und Sozialpolitik, soziale Gerechtigkeit ist ihm ein persönliches Anliegen und das merkt man auch.
Es gibt also Gründe dafür, warum am Ende des Wahlkampfs Olaf Scholz und die SPD ganz anders dastehen als am Anfang. Gewonnen ist die Wahl deswegen noch lange nicht und es kommt dieses Mal tatsächlich auf jede Stimme an. Helft mir und überzeugt noch möglichst viele Menschen! In diesem Sinne: Ich wünsche Euch und uns allen eine gute Woche.