Eine Meldung hat mich in der letzten Woche immer wieder beschäftigt: Fast ein Viertel aller Menschen zwischen achtzehn und vierzig Jahren in den Niederlanden halten den Holocaust entweder für übertrieben oder gar für einen Mythos. Fast ein Viertel! Aus Deutschland kenne ich dazu keine vergleichbaren Ergebnisse, aber allzu gut dürften sie wohl auch nicht ausfallen, fürchte ich.
Bei solchen Nachrichten bekommen Gedenktage noch einmal eine ganz andere Bedeutung als nur die Erinnerung an das größte Verbrechen der Menschheitsgeschichte. Am 27. Januar war der weltweite Auschwitz-Tag, der aus Anlass der Befreiung des KZ Auschwitz begangen wird. Am 30. Januar ist der neunzigste Jahrestag der von den Nationalsozialisten so genannten „Machtergreifung“, die tatsächlich viel mehr eine Machtübertragung gewesen ist und den Anfang der NS-Terrorherrschaft markiert.
Das ist alles lange her und trotzdem muss immer wieder daran erinnert werden. Zum einen um der Opfer willen: Zwischen fünfeinhalb und sechseinhalb Millionen (!) Jüdinnen und Juden wurden Opfer der Vernichtungspolitik zwischen 1939 und 1945, Sinti und Roma und etliche andere Gruppen erlitten dasselbe Schicksal, unzählige Überlebende, Angehörige und ihre Familien sind bis heute dadurch gezeichnet.
Aber es geht auch um uns und die Gegenwart. Zum Wesen des Faschismus gehören nicht nur Rassenwahn, sondern auch Hass und Verachtung gegenüber der Demokratie. Dieses Phänomen begegnet uns international – die Angriffe gegen die Parlamente in Washington und Brasilia sind traurige Höhepunkte -, aber auch in Deutschland immer öfter.
Wenn wir unsere Demokratie verteidigen und stärken, ist das zugleich auch die beste Lehre aus der deutschen Geschichte. Der erste Schritt besteht darin, jüngeren und auch älteren Menschen das Bewusstsein zu vermitteln, was für schreckliche Folgen das Ende der ersten Demokratie in Deutschland hatte. In diesem Sinne ist Erinnerungsarbeit auch aktiver Immunschutz vor dem Rechtsextremismus – für die einzelnen und die Gesellschaft insgesamt. Davon brauchen wir nicht weniger, sondern viel mehr!
Ich wünsche Euch eine gute Woche.