Die besseren Zeiten sind für die Politik oft die anstrengenderen – das ist eine Erfahrung, die ich seit Beginn der Pandemie immer wieder gemacht habe. Im Moment haben wir durchaus bessere Zeiten: Die Infektionszahlen gehen zurück, wahrscheinlich in Wirklichkeit allerdings nicht so stark, wie es nach Himmelfahrt und in einer Woche nach Pfingsten scheint. Das liegt an dem Feiertagsstau, den wir noch von Weihnachten und Ostern kennen.
Und warum gibts dann trotzdem viele Diskussionen? Beispielsweise weil viele Lockerungen, die auf dieser Grundlage möglich sind, aus guten Gründen noch sehr vorsichtig ausfallen und mit vielen Sicherungen versehen sind. Das geht vielen Betroffen nicht weit genug nach der langen Zeit des Lockdown, aber – sorry – gerade am Anfang müssen wir vorsichtig bleiben.
Ein anderes Beispiel ist das Impfen. Auch dort gibt es viele Fortschritte und gleichzeitig viel Ärger. Ärger von zwei Seiten: Durch die Diskussion über unterschiedliche Rechte von Geimpften und Nichtgeimpften ist die Impfreihenfolge ein großes Thema geworden. „Impfdrängeln“ ist kein schönes Wort, aber trifft die Situation trotzdem ganz gut. Die unterschiedlichsten Gruppen erwarten, an den Anfang der Warteschlange gestellt zu werden. Das ist insgesamt natürlich nicht realistisch und in vielen Fällen auch nicht fair gegenüber den anderen. Wenn Anfang Juni die Impfpriorisierung ganz wegfällt, kehrt hoffentlich in dieser Hinsicht etwas mehr Gelassenheit ein.
Und ein weiterer Anlass zum Ärgern: Die Verteilung des Impfstoffs auf unterschiedliche Impfstellen. „Erstimpfungen stocken in Niedersachsen“, war in der letzten Woche zu lesen. Davon kann zum Glück nicht die Rede sein, die Impfmengen werden tatsächlich immer mehr und sind ja auch dringend erwünscht. Was steckt also dahinter? Am Anfang der Impfkampagne waren nur die Impfzentren zuständig, in Niedersachsen sind es zweiundfünfzig, die von den Kommunen und den beiden großen Unikliniken betrieben werden. Die Menge an Impfstoff war noch so gering, dass es keinen Sinn gemacht hätte, diese Aufgabe auf mehr Schultern zu verteilen. Das hat sich in der Zwischenzeit geändert, auch die Hausärztinnen und ‑ärzte sind mit von der Partie und stehen inzwischen schon für die Mehrzahl der Impfungen in Niedersachsen. Auf diese Weise gibt es eben nicht mehr nur ein paar Dutzend, sondern ein paar tausend Impfstellen überall im Land.
Die Impfmengen werden von Monat zu Monat größer. Und Bund und Länder haben vor einigen Wochen folgende Vereinbarung getroffen: Die Impfzentren erhalten auch in den nächsten Monaten etwa gleich viel Impfdosen wie bisher, der deutlich anwachsende Rest geht an die Hausärzte und ab Juni dann auch an die betriebsärztlichen Dienste, wo viele Belegschaften sehr schnell geimpft werden können. Niedersachsen und andere Länder konnten zum Glück Forderungen abwehren, auf die Impfzentren ganz zu verzichten – das wäre auch ganz falsch gewesen.
Die Impfzentren haben also nicht mehr, aber auch nicht weniger Impfstoff als vorher zur Verfügung. Weil sie sich dankenswerterweise in den letzten Monaten voll auf die Erstimpfungen konzentriert haben (und darauf sicher auch ein Teil des Rückgangs bei den Infektionen zurückzuführen ist), stehen dort nun in den nächsten Wochen vor allem Zweitimpfungen an. Erstimpfungen wird es in dieser Zeit in erster Linie bei den Hausärzten geben.
Ganz nebenbei gibt es übrigens auch vom Impfen gute Nachrichten: Am Anfang der Woche waren etwa 38 Prozent der Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen schon das erste Mal geimpft und in sechs Wochen soll es die große Mehrheit sein. Und darin liegt dann auch der Schlüssel zur Überwindung der Pandemie in unserem Land.
Ich wünsche Euch eine gute Woche.