„Roma locuta, causa finita“, sagten die alten Römer. Die Übersetzung ins Neu-Deutsche könnte lauten: Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist der Drops gelutscht. Und seit dem Urteil des höchsten deutschen Gerichts vom Mittwoch ist klar, dass sechzig Milliarden Euro nicht mehr zur Verfügung stehen – 60 Milliarden, die vor allem für den Klimaschutz eingesetzt werden sollten.
Der Hintergrund ist ein bisschen verwickelt: In der Pandemie hatte der Deutsche Bundestag eine Notlage festgestellt und für deren Bekämpfung die Bundesregierung ermächtigt, in hohem Umfang Kredite aufzunehmen. Und weil die wirtschaftlichen Schäden infolge von Corona am Ende zum Glück nicht ganz so umfangreich waren, wie befürchtet sind diese Kreditermächtigungen dann für den sogenannten Klima- und Transformationsfonds umgewidmet worden. So geht’s nicht, hat Karlsruhe entschieden und jetzt herrscht erst mal Verwirrung in Berlin, wie es denn nun weitergehen soll. Sechzig Milliarden sind eben ein riesiger Betrag und auch sonst sind die Zeiten gerade alles andere als rosig.
Das Urteil könnte auch in manchen Ländern gravierende Folgen haben, in Niedersachsen allerdings nicht. Wir haben Corona-Kredite nur für Corona-Zwecke eingesetzt und zumindest insofern keine großen Probleme. Mittelbar könnten aber jetzt zu befürchtenden Einspar-Beschlüsse aus Berlin auch in Niedersachsen herbe Konsequenzen haben.
Aber warum ist man überhaupt so komplizierte Umwege gegangen, anstatt direkt Kredite aufzunehmen, die dringend notwendig sind, um den Klimaschutz voranzubringen, aber auch um ihn sozial abzufedern?
Da sind wir bei der Schuldenbremse, die seit Mitte der 2000-er Jahre im Grundgesetz steht und seit 2020 gilt. Damals, vor etwas mehr als fünfzehn Jahren gab es einen Mainstream, der schlicht lautete: Mehr Markt, weniger Staat. Es galt als schick, dem Markt hohes Vertrauen zu schenken und dem Staat tiefes Mißtrauen entgegen zu bringen.
Schon zwei Jahre später hat die Weltfinanzkrise das Gegenteil bewiesen, als Spekulanten die Weltwirtschaft vor riesige Probleme gestellt haben und Banken mit Steuermilliarden gerettet werden mussten. Aber da war’s zu spät und die Schuldenbremse stand im Grundgesetz. Die SPD hat übrigens dabei mitgemacht und das war kein Glanzstück.
Was ist der Inhalt? Der Staat darf keine neuen Schulden machen, sondern nur in der Höhe, wie er alte Schulden getilgt hat. Ausnahmen sollen nur in eng beschriebenen Notlagen gelten.
Das klingt auf den ersten Blick natürlich gut, ist es aber schon auf den zweiten nicht mehr. Denn beim Staat ist es genau wie im Privathaushalt: Laufende Ausgaben soll man besser mit laufenden Einnahmen decken, sonst droht der Dispo und der ist teuer. Aber wer ein anständiges Einkommen hat, allerdings nicht genug auf der hohen Kante, um damit gleich ein Haus zu kaufen oder ein neues Auto, der nimmt halt einen Kredit auf. Schließlich bekommt man einen Vermögenswert als Ausgleich, von dem man auch länger etwas hat. Unternehmen verhalten sich übrigens bei Investitionen genauso, wenn es notwendig ist.
Die Schuldenbremse behindert dagegen solche Investitionen, und zwar auch dann, wenn sie eigentlich besonders nötig sind. Und die Ausnahmen sind aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts so eng gefasst, dass sie nur selten wirksam werden dürften.
Natürlich ist es notwendig, die Verschuldung auf das zu begrenzen, was man sich leisten kann – das gilt im privaten genauso wie im öffentlichen Bereich. Richtig ist aber auch, dass es einem teuer zu stehen kommen kann, wenn man notwendige Investitionen unterlässt oder negativen Entwicklungen nichts entgegen setzen kann. Der Staat muss dann handlungsfähig sein, auch das ist eine Lehre aus den letzten Jahren.
Für eine Abschaffung der Schuldenbremse sind politische Mehrheiten derzeit nicht in Sicht. Aber über eine Reform wird man reden müssen, damit wir in Deutschland in den nächsten Jahren die Weichen richtig stellen können.
Ich wünsche Euch eine gute Woche.