Eines wird der nächste Mittwoch für mich ganz bestimmt nicht – langweilig. Ganz im Gegenteil, innerhalb weniger Stunden treffe ich in Brüssel fünf Mitglieder der EU-Kommission, darunter auch die Präsidentin der Kommission, Ursula von der Leyen. Dazu kommen Gespräche mit Europa-Abgeordneten aus Niedersachsen, mit Beamten der Kommission und am Ende dann noch das traditionelle Grünkohlessen in der niedersächsischen Vertretung in Brüssel. Am Ende dieses Tages werde ich nur noch k.o. ins Bett fallen, schätze ich.
Es gibt aber auch jede Menge zu besprechen. Europa ist für uns in Deutschland wichtiger denn je, umgekehrt vielleicht aber auch. Die Weltpolitik steht immer stärker unter den Vorzeichen eines Zweikampfes zwischen den USA und China. Da geht es um politische und militärische, aber auch um wirtschaftliche Macht. China hat sich zum Beispiel einen großen Teil der Rohstoffquellen gesichert, die für Produkte der Zukunft notwendig sind, etwa für die Elektromobilität. Die USA haben mit dem Inflation Reduction Act (IRA) damit begonnen, durch weitreichende Angebote die Industrien der Zukunft in den Vereinigten Staaten zu konzentrieren.
Und wo bleiben da Europa und Deutschland? Immerhin handelt es sich um einen Block mit mehr als einer halben Milliarde Menschen und einer hohen Wirtschaftskraft, die wiederum die Grundlage auch unseres Wohlstands ist. Aber je stärker die Supermächte werden, desto mehr droht Europa abgehängt zu werden. Und das hat dann für den größten EU-Mitgliedsstaat, die Bundesrepublik, und damit auch für Niedersachsen konkrete Folgen.
Sehr konkrete sogar: Die chemische Industrie ist auch in Niedersachsen sehr wichtig, sie liefert Vorprodukte, die sich anschließend in den allen möglichen Branchen wieder finden. Diese Industrie steht vor großen Herausforderungen, denn sie gehört nun einmal auch bei dem Energieverbrauch und dem CO2-Ausstoß zur Spitzengruppe, und muss große Anstrengungen unternehmen, um klimaneutral zu werden. Gleichzeitig sind die Energiepreise in Europa bekanntlich stark gestiegen, während die USA mit großen Vergünstigungen winken. Was muss geschehen, damit auch unter diesen Umständen die chemische Industrie in Europa, Deutschland und auch in Niedersachsen eine Zukunft hat?
Ein anderes Beispiel ist die Elektromobilität. Bis jetzt war der Verbrennungsmotor die wichtigste Komponente des Autos, in Zukunft ist es die Batterie, die auch einen großen Teil des Wertes ausmacht. Vor allem die Produktion der Batteriezelle ist enorm energieintensiv und bei hohen Energierpreisen kaum wirtschaftlich. Wie können Europa und das Autoland Deutschland unter diesen Bedingungen wettbewerbsfähig bleiben? Das ist nicht nur eine deutsche Frage – Volkswagen etwa ist Europas größter Arbeitgeber.
Damit geht es auch um einige Prinzipien, die für die EU wichtig sind, zum Beispiel den Schutz des Wettbewerbs innerhalb Europas. Aber was heißt das, wenn in Wirklichkeit der Wettbewerb außerhalb Europas entschieden wird? Oder der Gedanke des Kohäsion – die Starken sollen innerhalb Europas nicht zulasten der Schwächeren immer stärker werden. Okay, aber was gilt, wenn etwa Deutschland schwächer zu werden droht und die anderen EU-Staaten davon überhaupt nichts haben?
Es geht also um sehr wichtige Themen und ich freue mich auf einen anstrengenden, aber vor allem auch sehr interessanten Mittwoch.
Ich wünsche Euch eine gute Woche.