Signale aus Wilhelmshaven
Ganz großer Bahnhof in Wilhelmshaven, so einen Rummel wie am Samstag hat es dort wahrscheinlich nicht gegeben, seit vor mehr als 150 Jahren Wilhelm I. die Stadt gegründet hat. Der Bundeskanzler und wichtige Bundesminister, Teile der Landesregierung, eine Vielzahl von Medien aus dem In- und Ausland – alle waren an einem typisch norddeutschen kalt-nebligen Wintermorgen an die Jade gekommen, um ein besonderes Ereignis zu feiern.
Der Grund war die Inbetriebnahme des ersten deutschen Hafenterminals für Flüssiggas und die Begrüßung des ersten Flüssiggas-Tankers, der in Wilhelmshaven festgemacht hat. „Esperenza“ heißt das Schiff (‚Hoffnung‘) und ab Donnerstag wird von dort aus Flüssiggas in das deutsche Gasnetz eingespeist. Alleine in Wilhelmshaven sollen etwas siebzig Schiffe dieser Art in den nächsten zwölf Monaten anlegen. Drei weitere Anlagen in Brunsbüttel, Lubmin und noch einmal in Wilhelmshaven sollen im nächsten Jahr in Betrieb gehen.
Und dafür der ganze Rummel, werden sich jetzt manche fragen, ist das wirklich so wichtig? Ja, das ist es und zwar aus zweieinhalb ganz unterschiedlichen Gründen.
Vor einem Jahr um diese Zeit stammte etwa die Hälfte des in Deutschland verbrauchten Gases aus Russland. Diese Energie steht ein Jahr später nicht mehr zur Verfügung, im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine sind auch die Energieimporte von Russland gestoppt worden. Es zählt zu den großen politischen Leistungen in diesem Jahr, dass wir trotzdem aller Voraussicht nach gut durch den Winter kommen werden. Die Speicher sind wieder voll und mit den Flüssiggas-Lieferungen über See kommt neue Energie ins Land. Diese Versorgungssicherheit ist extrem wichtig, wie wir gerade bei niedrigen Temperaturen merken. Deutschland hat sich von Putin nicht erpressen lassen, wir schaffen es auch ohne russisches Erdgas – das ist ein ganz wichtiges Signal aus Wilhelmshaven.
Das zweite Signal ist nach innen gerichtet. Das Projekt ist im Mai gestartet und sieben Monaten später geht’s los – das ist geradezu Lichtgeschwindigkeit im Vergleich zu anderen Infrastruktur-Vorhaben, die teilweise Jahrzehnte brauchen.
Wie konnte das gelingen? Durch ein Abspecken bei den Verfahrensvoraussetzungen, die durch ein Bundesgesetz möglich geworden sind. Durch die Bündelung von Verwaltungsaktivitäten in einem Projektteam, das übergreifend gearbeitet hat. Und vor allem auch durch das beispielhafte Engagement aller Beteiligten in Behörden und Unternehmen, die hart an dem Erfolg gearbeitet haben. Herzlichen Dank dafür! Einen davon hebe ich stellvertretend gerne hervor: Olaf Lies, jetzt niedersächsischer Wirtschaftsminister, hat als Umweltminister dieses Vorhaben massiv vorangetrieben, so dass nie Zweifel an dem politischen Willen auftreten konnten.
Es geht also, das ist das zweite Signal aus Wilhelmshaven. Wahrscheinlich nicht überall in diesem Tempo, aber doch um einiges schneller als bisher. Jedenfalls werden sich künftig viele Projekte der öffentlichen Hand an diesem Beispiel messen lassen müssen.
Und was ist das halbe Signal? Am Anfang geht es um Flüssiggas, das ist natürlich auch CO2-belastet und keine Verbesserung unserer Klimabilanz. Aber die neue Infrastruktur soll möglichst bald auch dazu dienen, klimaneutrale Wasserstoff-Importe aus anderen Ländern nach Deutschland zu bringen, um hier die Wasserstoffwirtschaft und die Transformation der Industrie nach vorne zu bringen. Das ist eine richtig gute Perspektive – für den Klimaschutz und für das Industrieland Deutschland.
Für mich war es zugleich das Ende eines anstrengenden weiteren Arbeitsjahres. Ab jetzt ist Urlaub angesagt und da tut ein solcher Abschluss richtig gut. Ich wünsche Euch schöne Weihnachten!