Es gibt Konflikte, die scheinen ein für allemal unlösbar. Das Verhältnis zwischen Landwirtschaft und Naturschutz war zum Beispiel eigentlich schon immer schlecht. Die einen wollen die Landschaft nutzen und die anderen sie am liebsten unberührt lassen, da ist ein größerer Gegensatz eigentlich kaum denkbar. In Niedersachsen, einem großen Agrarland, ist das ein wichtiges Thema: Die Agrarwirtschaft ist die zweitwichtigste Branche, aber dafür sieht man in manchen Regionen besonders deutlich, welche problematischen Folgen eine sehr intensive Landwirtschaft für die Natur haben kann. Und das Artensterben findet eben auch bei uns statt.
Vor diesem Hintergrund mochte ich in der letzten Woche manchmal meinen Ohren nicht trauen, als im Landtag ganz harmonisch über den „Niedersächsischen Weg“ diskutiert wurde. Dahinter verbirgt sich der Versuch, genau diesen uralten Konflikt jetzt endlich einmal aufzulösen. Landesregierung, Naturschutzverbände und Landwirtschaft haben sich nämlich tatsächlich auf einen gemeinsamen Weg geeinigt, wie die Natur in Niedersachsen geschützt wird und dennoch die Landwirte eine Perspektive haben. Ein solcher Kompromiss ist eine Premiere für ganz Deutschland.
Davor lagen monatelange, intensive Diskussionen, von denen in den Medien allerdings nicht viel zu hören war. Alle Beteiligten wollten es miteinander versuchen und haben am Ende auch tatsächlich eine Einigung geschafft. Ganz ehrlich, ich habe das lange nicht für möglich gehalten und um so mehr Respekt vor dieser Leistung. Vor allem ein ganz großes Kompliment an Umweltminister Olaf Lies und Landwirtschaftsministerin Bärbel Otte-Kienast! Sie haben etwas geschafft, was es vorher in Deutschland noch nicht gegeben hat.
Am Ende ist es ein großes, eindrucksvolles Paket geworden, das von einem größeren Schutz der Gewässerrandstreifen vor Dünger über mehr naturbelassene Wälder bis zu einem Verbund der Naturschutzgebiete auf einem großen Teil der Landesfläche reicht. Das klingt alles sehr technisch, wird aber über die Jahre den Naturschutz in Niedersachsen auf ein völlig neues Niveau bringen. Auch finanziell übrigens, aber dafür hat die Landesregierung Vorsorge getroffen. Und im Landtag zeichnet sich dafür sehr viel Zustimmung ab, auch wenn sich die Grünen erst noch durchringen müsssen.
So wichtig das Thema selbst ist, der „Niedersächsische Weg“ ist auch unter einem grundsätzlichen Aspekt beispielhaft. Viele gesellschaftliche Konflikte hängen unter anderem damit zusammen, dass Interessen mit aller Härte verfolgt werden und die Fähigkeit zum Kompromiss dabei zu kurz kommt. Da ist es Aufgabe der Politik, einen Dialog zu organisieren und gemeinsame Lösungen herauszuarbeiten. Mit gutem Willen und Gesprächsbereitschaft lässt sich oft mehr bewegen als durch stures Festhalten an alten Positionen.
Ich wünsche Euch eine gute Woche!