Die Woche beginnt mit einer Nachricht, auf die viele Menschen viele Jahre gewartet haben: Gorleben wird nicht Standort des Endlagers für den Atommüll.
Jetzt beginnt der erste Akt einer Suche, die uns noch viele Jahre beschäftigen wird: Wo soll das Endlager für den hochradioaktiven Atommüll gebaut werden? Bis heute und schon seit etlichen Jahrzehnten fällt bei dem Betrieb von Atomkraftwerken strahlender Abfall an, der buchstäblich Millionen Jahre lang gefährlich ist. Bis heute ist die Frage unbeantwortet, wie wir für unzählige Generationen nach uns eine möglichst sichere Aufbewahrung bewerkstelligen können. Technisch, moralisch und politisch gibt es vielleicht kein schwierigeres Projekt in Deutschland.
Am Anfang wollte man es sich sehr leicht machen mit einer Antwort. Vor mehr als vierzig Jahren einigten sich Politik und Wirtschaft auf Gorleben im Landkreis Lüchow-Dannenberg als Standort. Gründliche Untersuchung, umfassende Information oder eine breite öffentliche Diskussion – Fehlanzeige! Und so begannen Jahrzehnte härtester Auseinandersetzungen, von der „Freien Republik Wendland“ über eine Riesen-Demo in Hannover mit über 100 000 Menschen bis zu einem alljährlichen Ausnahmezustand in großen Teil Niedersachsens bei den Castor-Transporten zu dem Zwischenlager in Gorleben.
Als 2013 die rot-grüne Landesregierung antrat, lag ein mit allen Beteiligten abgestimmter Gesetzesentwurf auf dem Tisch, der die Entscheidung für Gorleben besiegelt hätte. Dazu ist es nicht gekommen, dafür hat der kompromisslose Widerstand aus Niedersachsen gesorgt. Stattdessen soll es nun zu einem Neustart bei der Endlagersuche kommen – mit einer weißen Landkarte als Grundlage. Das heißt: Es gibt keinerlei Vorfestlegung und über mehrere Stufen soll der objektiv geeignetste Standort ausgewählt werden. Auf jeder Stufe sollen vollständige Transparenz und die Möglichkeit zu kritischen Diskussion bestehen, um Vertrauen in eine sachgerechte Entscheidung entstehen zu lassen.
Jetzt beginnt die erste Stufe, die Auswahl der geologisch grundsätzlich geeigneten Regionen. Das klingt noch relativ einfach, aber schon in diesem frühen Stadium geht es zur Sache. In der bayrischen Koalitionsvereinbarung ist mal eben festgelegt worden, dort gebe es keine Grundlage für ein Endlager. So geht es natürlich nicht, die weiße Landkarte gilt entweder für alle Länder oder für kein Land.
Übrigens: Kein anderes Land hat in der Vergangenheit so von der Atomkraft profitiert wie Bayern – von den dortigen AKWen stammt ein erheblicher Anteil des Atommülls.
Diesen ersten Stresstest hat das Suchverfahren aber schon einmal bestanden – geologisch geeignet sind Regionen quer durch Deutschland und auch im Süden. Übrigens auch in Niedersachsen, aber das war von Anfang an auch zu erwarten angesichts der bei uns vorhandenen Gesteinsformationen.
Ein Standort ist nicht dabei: Gorleben. Nach den vielen Jahren der kritischen Diskussion sind die fachlichen Bedenken einfach zu groß, der Standort ist aus geowissenschaftlichen Gründen ungeeignet. Der Widerstand war berechtigt und vielen Menschen wird heute ein Stein vom Herzen gefallen sein. Ich freue mich mit Euch und mit ihnen!
Aber das ist nur der Anfang, nicht das Ende der Suche. Am Ende werden wir dazu stehen müssen, dass wir dieses ungeliebte Erbe einer verfehlten Energiepolitik nicht ausschlagen können. In vielen Regionen, auch mancherorts in Niedersachsen, werden jetzt die Sorgen wachsen, dass dort am Ende das Endlager entstehen soll. Diese Sorgen werden wir jetzt nicht einfach nehmen können, aber wir müssen in den nächsten Jahren beweisen, dass es sich um eine objektive und faire Suche handelt. Und darauf werden wir in Niedersachsen ganz besonders achten.
Ich wünsche Euch eine gute Woche.