Eigentlich wollte ich am Dienstag ein Unternehmen in Winsen (Luhe) besuchen – das ist eigentlich nichts Besonderes. Aber daraus ist nichts geworden und sowohl das Unternehmen als auch der Ablauf der Vorbereitungen sind dann schon speziell.
Es handelt sich um ein Weltunternehmen – Amazon zählt zu den größten, erfolgreichsten und wertvollsten Unternehmen überhaupt und ist nicht zu trennen von dem internationalen Aufstieg des online-Handel. Deswegen habe ich auch gerne die Einladung zu einem Besuch in einer niedersächsischen Niederlassung angenommen. Themen für ein interessantes Gespräch gibt es genug. Amazon wollte dann aber den Unternehmensbesuch als ein Hintergrund-Gespräch definieren und vor allem auch eine Information der Medien über diesen Besuch vermeiden. Das hat die Staatskanzlei abgelehnt, meine Außentermine sind schließlich keine geheime Angelegenheit und besondere Gründe für diese Bitte waren auch nicht zu erkennen. Daraufhin hat Amazon den Termin verschieben wollen, aus der Einladung ist im Grunde eine Ausladung geworden und ich habe dankend auf einen Besuch verzichtet.
Was mag wohl dahinter stecken? Natürlich hätte ich auch über das Verhältnis von Amazon zur Betriebsverfassung sprechen wollen – gerade in letzter Zeit häufen sich wieder Berichte über Versuche des Unternehmens, sich von Betriebsräten zu trennen oder deren Arbeit zu erschweren. Betriebsratsarbeit als ehrenamtliche Betätigung anzusehen und von der bezahlten Arbeitszeit abzuziehen, ist dafür nur ein Beispiel. Die Vermutung liegt nahe, dass das Unternehmen eine Diskussion darüber und erst recht eine anschließende Berichterstattung vermeiden will.
Auch über die nahezu lückenlose Überwachung von Beschäftigten an dem Standort und die Bedingungen für die Paketzusteller in der Branche hätte ich gerne gesprochen. Es gibt viele Berichte darüber, dass gerade die Bedingungen bei Zustelldiensten für deren Beschäftigte in vielen Fällen mehr als grenzwertig sind. Da müssen zum Beispiel oft genug Pakete gewuchtet werden, die jedem Gewichtheber zur Ehre gereichen würden.
Aus dem Besuch bei Amazon wird nun nichts, aber die öffentliche Diskussion wird weiter gehen und das muss sie auch. Der Online-Handel ist nach wie vor im Aufwind und auch eine solche Branche muss sich der Frage stellen, wie sie sich zu Arbeitsbedingungen und Betriebsverfassung stellt. Beides sind Themen, die zum kleinen Einmal-eins unserer Arbeits- und Sozialordnung zählen. Ganz abgesehen davon, dass sich auch viele gesellschaftspolitische Fragen stellen, wie etwa der absurd hohe Verbrauch von Verpackungsmaterial, der vom online-Handel nun einmal nicht zu trennen ist. Und dass der Erfolg des online-Handels auf unsere Innenstädte ein großes Problem ist, wissen wir alle.
Und übrigens: Erst in der letzten Woche hat der niedersächsische Landtag die Aufforderung an die Landesregierung auf den Weg gebracht, über den Bundesrat eine Gesetzesinitiative zu starten, um die Arbeitsbedingungen bei den Paket-Zustellern wesentlich zu verbessern. Das werden wir tun.
Ich wünsche Euch eine gute Woche.