Mit jeder Woche wird deutlicher, wie groß die Belastungen der Menschen und die Aufgaben für die Politik sind, die mit der Explosion der Energiepreise verbunden sind. Erst vor acht Tagen hat die Ampel-Koalition in Berlin ihr 65-Milliarden-Euro zur Entlastung der Privathaushalte vorgestellt. Und tatsächlich werden mit den Maßnahmen die Preissteigerungen für große Teile der Bevölkerung deutlich erträglicher. Vor allem Menschen mit geringem Einkommen profitieren sehr von dem Programm. Das ist ein großer und wichtiger Schritt – und kann zugleich nicht der letzte gewesen sein.
Aus der Wirtschaft häufen sich die Alarmmeldungen, das gilt für den Mittelstand genauso wie für die Industrie. Am Beispiel der Bäcker (und übrigens auch der Metzger) wird derzeit besonders deutlich, wo das Problem liegt: Die Energiepreise steigen in astronomische Höhen, aber Preissteigerungen bei den eigenen Waren sind kaum noch möglich, weil die Kunden jetzt selbst ihr Geld zusammen halten müssen. Die Industrie spare fleissig Energie – so heißt es – , aber oft genug steckt dahinter die Kürzung der Produktion oder gar die Verlagerung ins Ausland. Insgesamt zeichnet sich für die nächsten Monate eine echte Krise ab.
Und dann ist da noch ein Bereich, über den derzeit kaum geredet wird: Alle Bereiche, die als Infrastruktur für unsere Gesellschaft überlebenswichtig sind. Die Energie- und Wasserversorger etwa und die Krankenhäuser und die Nahverkehrsunternehmen, aber auch viele Sportvereine, Kultureinrichtungen und viele andere Aktivitäten, die unser Land prägen. Sie alle berichten von großen Schwierigkeiten, die mit den Preissteigerungen für sie verbunden sind.
Was ist da zu tun? Natürlich kann die Politik versuchen, durch spezielle Hilfsprogramme die Probleme zu lösen, ebenso wie in der Pandemie. Allerdings ging es damals um wesentlich weniger Bereiche als heute, wo fast alle Bereiche der Gesellschaft betroffen sind. Und deswegen ist es notwendig, über eine bessere Alternative nach zu denken. Anstelle spezieller Hilfen in der Phase, in der die Probleme schon entstanden sind, kommt da vor allem ein Deckel bei den Energiepreisen in Betracht, also am Anfang der Kette.
Nun kann der Staat nicht ohne weiteres den Preis festsetzen. Deutschland braucht Energieimporte und die orientieren sich am Weltmarkt. Aber der Staat bzw. die Europäische Union kann die Regeln ändern, zum Beipiel bei den Strompreisen. Dort bestimmt derzeit das letzte Angebot an der Strombörse in Leipzig, das noch einen Zuschlag bekommt, mit seinem Preis auch den Preis für alle billigeren Anbieter. Deswegen profitieren im Moment zum Beispiel die Produzenten von Erneuerbaren Energien unverhofft von den Mondpreisen beim Gas. Das ist ein unhaltbarer Zustand, der schnell geändert werden muss.
Und der Staat sollte unbedingt auch gegenüber den privaten und gewerblichen Verbrauchern bezahlbare Preise garantieren, muss dann allerdings die Differenz zu den Marktpreisen gegenüber den Anbietern auch ausgleichen. Bei den Privathaushalten ist zum Beispiel ein Energiesockel denkbar – eine bestimmte Basismenge Energie zu einem bezahlbaren Preis und wer mehr verbraucht, zahlt dann selbst den üblichen Preis.
Das funktioniert in der Wirtschaft so nicht, weil die Unterschiede zu groß sind. Aber dafür ist dort zum Beispiel vorstellbar, dass ein Anteil des Energieverbrauchs der letzten Jahre zu einem bezahlbaren Preis garantiert wird.
Einfach ist das alles nicht, aber leider notwendig, damit die Menschen um gut durch diese Krise zu kommen. Deswegen ist es richtig, dass jetzt Experten der Bundesregierung hierzu Vorschläge machen sollen. Nur schnell muss es geschehen, denn die Krise wartet nicht auf die Politk. Und ohne einen Deckel auf die Energiepreise wird es nicht gehen, fürchte ich.
Übrigens: Ausgerechnet die Nachlassverwalter des Manchester-Kapitalismus, die britischen Tories, setzen jetzt in Großbritannien einen Energiepreisdeckel durch. Da muss es für die aufgeklärte deutsche Politik erst recht möglich sein.
Ich wünsche Euch eine gute Woche.