Jetzt ist es schon eine Woche her seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse und die Diskussion dazu geht mit hoher Schlagzahl weiter. Notlage, Haushaltssperre, Entlassung eines Staatssekretärs … ich nehme an, Nicht-Insidern schwirrt inzwischen komplett der Kopf. Ich will mal versuchen, im Anschluss an die letzte Kolumne zum besseren Durchblick beizutragen.
Fangen wir an mit einer guten Nachricht: Das Bundesverfassungsgericht hat sich in seinem Urteil eigentlich mit der Vergangenheit befasst, nämlich mit dem Bundeshaushalt 2021. Aber die vom Gericht aufgestellten Regeln gelten natürlich auch darüber hinaus, also auch im laufenden Jahr 2023 und in den kommenden Jahren. Für 2023 gibt es inzwischen einen Fortschritt: Weil die Auswirkungen des Ukraine-Krieges nach wie vor spürber sind, möchte die Bundesregierung auch für dieses Jahr vom Bundestag ein weiteres Mal die Feststellung einer Notlage erhalten. Wenn das geschieht, sind die in diesem Jahr geplanten Maßnahmen rechtlich abgesichert, auch wenn sie kreditfinanziert sein sollten. Man fragt sich nur, warum der Bundesfinanzminister das noch nicht längst im Laufe des Jahres gemacht hat.
Noch eine gute Nachricht gefällig? In Niedersachsen haben wir direkt keine Probleme mit dem Urteil. Was im Landeshaushalt geschehen ist oder im nächsten Jahr geschehen soll, deckt sich mit den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts. Das liegt vor allem daran, dass wir Kredite nur im Zusammenhang mit der Pandemie-Bekämpfung aufgenommen hatten, die Mittel auch nur für diesen Zweck verwandt hatten und die Kredite auch schon zu einem großen Teil getilgt sind.
Aber wie ist es indirekt, welche Folgen könnten jetzt anstehende Entscheidungen der Bundesebene auf Niedersachsen haben? Damit sind wir bei dem großen Fragezeichen, das es immer noch gibt. Denn wie die Bundesregierung mit dem Jahr 2024 umgehen will, ist noch unklar. Kann ein weiteres Mal rechtlich belastbar eine Notlage erklärt werden und damit eine Kreditaufnahmen zur Finanzierung der geplanten Maßnahmen erfolgen? Oder müssen harte Einsparungen bzw. Einnahmeerhöhungen erfolgen und wo genau? Sollen geplante Projekte gestrichen werden? Das weiß gerade niemand und sorgt für jede Menge Unruhe. Auch in Niedersachsen wissen wir derzeit zum Beispiel nicht, ob die geplanten großen Vorhaben zum Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft realisiert werden können oder nicht.
Das Wichtigste ist deswegen jetzt Klarheit und die kann derzeit nur die Bundesregierung schaffen. Dort arbeitet man mit Hochdruck daran, dass bis Weihnachten für 2024 ein Bundeshaushalt verabschiedet werden kann, der dem Karlsruher Urteil entspricht. Das ist für viele eine echte Geduldsprobe und ich frage mich immer noch, warum das Bundesfinanzministerium eigentlich keinen Plan B in der Schublade hatte.
So unbefriedigend das ist, Dampfplauderei macht die Sache auch nicht besser. Dass erst einmal alle Sozialleistungen auf den Prüfstand gehören, ist Christian Lindner als allererstes eingefallen. Gegenvorschlag: In einer so angespannten Situation hört man vielleicht als erstes einmal damit auf, durch Steuersenkungen den Druck noch zu erhöhen. Am Freitag hat der Bundesrat jedenfalls einstimmig das sog. Wachstumschancengesetz in den Vemittlungsausschuss geschickt, mit dem die öffentlichen Kassen in den nächsten Jahren sage und schreibe zweiunddreizig Milliarden Euro verloren hätten. Das werden die Länder zu verhindern wissen.
Der politische Schlußspurt in diesem Jahr wird jedenfalls spannend werden, Ihr werdet davon hören.
Ich wünsche Euch eine gute Woche.